Liebe Nova,
vielleicht holst du die fehlende Beerdigung gerade innerlich nach. Ich selbst habe die Beerdigung als positiv empfunden, es waren nicht viele Menschen da, aber es waren Menschen da, die meiner Mutter wichtig waren. Das waren keine Zuschauer. Sie waren mit Sicherheit natürlich nicht so betroffen wie ich, aber sie wollten mit ihrer Anwesenheit ihre Zuneigung, ihren Respekt und wie man so schön sagt, die letzte Ehre erweisen.
Und ich habe die meisten von ihnen überreden können, auf den Beerdigungskaffee mitzukommen. Dieser fand in einer Sportgaststätte statt! Wegen Corona-Einschränkungen waren die üblichen Cafés noch geschlossen ... In der Sportgaststätte gab es einen Wintergarten mit ausfahrbarem Dach, so dass wir alle relativ in Sicherheit waren. Das war mir sehr wichtig, zumal sehr viel ältere Menschen dabei waren. Das Wetter war schön, so dass das Dach geöffnet war. Ich war extrem gerührt, wie viel Mühe man sich gegeben hatte, um so einen Abschied dort würdevoll durchzuführen.
Früher habe ich ähnlich empfunden wie du, aber im Laufe der Jahre hat sich meine Einstellung zu Beerdigungen geändert.
Es war die letzte Feier, die meine Mutter bzw. ich in ihrem Namen ausrichten konnte.
Und meine Mutter hat gern gelebt. Deshalb hab ich mich auch sehr gefreut, Anekdoten aus ihrem Leben zu erfahren, die ich nicht kannte.
Ich habe die Menschen aufgefordert, doch gern ein Bierchen oder einen Wein in ihrem Namen zu trinken. Und ich glaube, dass meine Mutter wohlwollend herabgeschaut hat. Sie wollte immer, dass die Menschen mit ihr zusammen fröhlich sind. Bitte versteh mich nicht falsch, es ging nicht um eine "Party", ein Saufgelage, sondern um einen Abschied von einem Menschen, der sehr gemocht wurde.
Und so habe ich erfahren, dass meine Mutter als die Frau mit den schönsten Beinen in einem Mehrfamilienhaus galt. Das hat mich sehr gefreut.
In deinen Augen mag das etwas pervers klingen, aber das war es in dieser Situation ganz und gar nicht. Es zeigt einfach ihr Leben.
Liebe Grüße Mina