Ist es schon zwei Jahre her oder erst?
Eine Zeit, die sich anfühlt wie die längste aller Zeiten, nie enden wollend, schmerzend, jeden Tag, jede Stunde...wie naiv war ich, daß ich glaubte, daß am heutigen, zweiten Todestag die Trauer nicht größer sein könnte als die ganze, lange dauernde Zeit über?
Heute kommen sie wieder, die Erinnerungen, die mich jeden Tag aufs neue verzweifeln lassen, aber in einer Wucht, die sich nicht vergleichen lässt...
Schon zwei Jahre...erst zwei Jahre?
Zeit spielt keine Rolle, sie erweist sich nicht als Freundin, sie heilt keine Wunden...sie lässt den Schmerz nicht geringer erscheinen, sie zieht ihn nur in die Länge...
Je mehr Zeit vergeht, desto länger hält die Trauer an, es gibt nichts zum Schönreden, sie war, sie ist, sie bleibt...mein Sohn, du fehlst mir so sehr!
Das Wohnzimmer...ich sehe dich, ich fühle dich, ich erlebe deine letzten Tage jeden Tag...ich halte mich nicht lange darin auf, es bleibt seit langem unbenutzt, die Bilder wollen nicht verblassen...und trotzdem würde ich nicht wegwollen, denn dann würde ich dich ein zweites Mal verlieren...
Warum kann ich nur Schmerz empfinden beim Gedanken an dich, ich will gute Erinnerungen wach halten, doch immer werden sie durch die Bilder deines Todes verdrängt...ich halte dich, mein Sohn, dein letztes Aufbäumen, deine letzten Atemzüge, dein letzter Herzschlag...ich halte deinen toten Körper, du wirst mir entrissen, deine Seele ist gegangen...mein Innerstes wird zerfetzt in tausend Stücke, nie wird es Linderung geben...
Ich liebe dich, mein Sohn, bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter, bis in alle Ewigkeit und noch viel länger, mein Sonnenschein, mein Herzblatt, mein Leben...