Das Jahr des magischen Denkens

  • Ich habe jetzt den autobiografischen Roman der Schriftstellerin Joan Didion: Das Jahr des magischen Denkens angefangen zu lesen.


    Nach 40 Jahren Ehe verliert die Schriftstellerin ihren Mann durch einen Herzinfarkt. Sie saßen gemeinsam am Abendbrottisch, als er in sich zusammensackte. Sehr genau beschreibt sie, wie alles ablief. Es ist eine Studie der Trauer. Sie schreibt über das erste Trauerjahr und schon am Anfang kommt mir vieles bekannt vor. Einiges seiner Kleidung hatte sie bereits weggeben, als sie plötzlich aufhörte. Denn seine Schuhe braucht er ja noch, wenn er zurückkommt.


    Ihr Mann John Gregory Dunne war auch Schriftsteller.

    Der Roman wurde mit dem National Book Award ausgezeichnet und auch für den Broadway umgesetzt, gespielt von Vanessa Redgrave


    Didion, Joan: Das Jahr des magischen Denkens (ein Trauerprotokoll)

    Ullstein Verlag, 2021 (2005 im Original)

  • Danke Regina, das klingt interessant. Werde ich mal im Auge behalten den Buchtitel.


    Früher konnte ich solche Erfahrungsberichte gut lesen. Seit Mamas Tod kann ich nicht mehr "ran". Weil das ja aufwühlt und einen selbst an die eigene Trauer und Geschichte erinnert. Denke jedoch, das ist nur eine längere Phase und die Zeit kommt wieder, wo ich gelassener damit umgehen kann.

  • Bei mir ist es genau umgekehrt. Ich kann jetzt nichts anderes lesen, da mir alles sonst so unwichtig und banal erscheint. Mir hilft es, dass ich nicht der einzige Mensch auf der Welt bin, der so großes Leid verspürt. Theoretisch weiß ich das natürlich. Aber es tut sehr gut mit Gleichgesinnten zu sprechen und über diese Dinge zu lesen. Auch um mich besser zu verstehen.

  • Ich habe mir die ersten Seiten in einer Leseprobe durchgelesen und werde mir das Buch vielleicht auch besorgen. Es ist bei mir nur anders gewesen, kein so plötzlicher Tod auch wenn es trotzdem sehr schnell

    ging.

    Mir geht es auch so wie dir Regina, dass es mir hilft von ähnlichen Schicksalen zu lesen so wie ja auch hier im Forum.

    Vielleicht kannst du noch berichten , wenn du weiter im Buch bist, ob es gut ist.

  • Also, ich bin jetzt fast fertig mit dem Buch. Als reines Buch für die Trauer ist es vielleicht nicht geeignet. Es ist eine ziemlich anspruchsvolle Biografie, manchmal auch kompliziert. Es geht auch viel um die Tochter, die schwer krank ist. Kurz nach Erscheinen des Buches stirbt auch ihre Tochter.

    Am 30.12.2003 ist das Ehepaar gemeinsam bei der Tochter, die im künstlichen Koma liegt. Am Abend bricht ihr Mann zusammen und stirbt.

    Das Schriftstellerehepaar schrieb auch Drehbücher und gehörte zur US-amerikanischen intellektuellen Oberklasse. Sie beschreibt auch in dem Buch viel aus ihrem Leben zwischen New York und Kalifornien, dem Treffen mit Berühmtheiten.

    Viel muss man zwischen den Zeilen lesen. Am Ende des Buches kommen einige sehr gute Absätze zur Trauer.

    Z.B. schreibt sie "Leid ist ein Ort, den von uns niemand kennt, solange wir nicht dort sind". Oder dass man denkt, das Schwerste wäre die Beerdigung und dann feststellt, dass das Schwerste hinterher kommt, die Leere, die Sinnlosigkeit, die Abwesenheit.

    Sie zitiert aus einem anderen Buch "Ein einziger Mensch fehlt dir, und die ganze Welt ist leer" Auch dass die Trauer heute nicht mehr gewollt ist.

    Ich glaube, dass muss man lesen, wenn man wieder klarer im Kopf ist und sich konzentrieren kann. Falls das irgendwann mal wieder so sein sollte.