Vater von Freund wird sterben, was kann ich tun?

  • Hallo,
    ich bin gerade mit der Situation etwas überfordert und suche bei euch Hilfe.
    Der Vater meines Freundes (wir sind seit 3Monaten zusammen) leidet an Leberkrebs, wir haben durch die Blumen mitgeteilt bekommen das
    nicht mehr viel zu machen ist.
    Leider sind wir etwa 300km weit von seinen Eltern entfernt.
    Gestern wurde Ihm mitgeteilt (Via eMail, weil er sich auf ein Lehrgang befand)
    das sein Vater mit starken Schmerzen in ein Krankenhaus gebracht wurde.
    Wir wissen noch nicht was es bedeutet und woher es kommt aber es ist sehr gut möglich das jetzt die Nieren anfangen zu versagen.
    Mein Freund war so fertig das ich noch Abends ins Auto gestiegen bin und 80km zu seinem
    Lehrgang gefahren bin um für Ihn da zu sein.
    Er sagt das er dafür noch nicht bereit ist (kann man überhaupt bereit für so etwas sein?)
    und er sich hasst weil er nichts tun kann.


    Ich will für Ihn da sein, aber er verlangt Antworten die ich Ihm nicht geben kann.


    Es tut mir so leid die Familie so leiden zu sehen, aber ich weiß einfach manchmal nicht was ich sagen soll.
    Ich versuche so gut es geht Ihn aufzubauen, Ihm eine Schulter zu bieten und ihn ab und zu abzulenken.
    Am Wochenende werden wir zu seinen Eltern fahren, und ich habe echt angst in der Situation nicht
    richtig zu handeln.
    Ich möchte eine Hilfe sein, fühle mich aber selbst irgendwie nutz-, Hilflos und unbeholfen.

  • Hallo Sely,


    Erst einmal möchte ich dir sagen, dass du bisher alles richtig gemacht hast!
    Ich erkenne mich in deiner Situation wieder, die Mutter meines Mannes ist letztes Jahr nach kurzem Leiden, für alle dennoch plötzlich verstorben.
    Auch ich war damit völlig überfordert, und habe in diesem Forum sehr viele liebe Menschen getroffen, die einen aufbauen und unterstützen, auch wenn es nur mit Worten passiert.


    Dass du für deinen Freund da sein willst, spricht für dich!
    Und das ist, auch wenn es hart ist, leider das einzige, was du für ihn tun kannst!
    Da sein, im zu zuhören, wenn er reden will, oder einfach seine Hand halten wenn er schweigen oder weinen will.
    Ich hoffe dein Freund kann seine Trauer und Wut zeugen! Das ist wichtig! Mein Mann kann es bis heute nicht...


    Wichtig ist, dass er mit dir redet, über seine Ängste, vielleicht kannst dich im Internet etwas schlau machen, über die Krankheit.
    Es gibt zum Beispiel ein Forum (Krebs Kompass), in der Angehörige und auch Betroffene sich austauschen können.
    Wenn du dir das zutraust, versuche dort ein wenig zu lesen. Du musst deinem Freund natürlich nicht direkt berichten, was dort steht, da es natürlich nicht immer schön ist, was dort zu lesen ist, aber so bist du für dich vorbereitet und kannst ihm besser beistehen.


    Es ist wirklich schön, dass du so für ihn da bist! Und er wird dir dankbar sein, nicht jetzt, aber die Zeit wird kommen und er wird froh sein, dass du für ihn da warst und es bist!
    Man fühlt sich als Partner immer sehr hilflos und das ist verdammt schwer, aber ich habe für mich gelernt, dass es wichtig ist einfach da zu sein.


    Ich habe die paar Tage vor und viele Tage nach dem Tod meiner Schwiegermutter einfach immer früher Feierabend gemacht, sodass ich immer vor meinem Mann zu Hause war.
    Ihr wohnt bestimmt noch nicht zusammen, da ist es schwieriger. Aber dein Freund wird dir Dankbar sein, zu spüren, dass du da bist.
    Mein Mann war auch froh, er wollte nicht immer reden, und hat sich ins Schlafzimmer zurückgezogen, dann habe ich ihn auch in Ruhe gelassen. Es war für ihn wichtig, dass er jedoch nicht alleine ist, wenn er reden wollte, brauchte er mich nur zu rufen, oder kam ins Wohnzimmer!


    Du machst bisher wirklich alles richtig, auch dass du so spät noch zu ihm gefahren bist, finde ich sehr rührend! Du machst das gut!
    Aber bedenke, es gibt eigentlich kein richtig und kein falsch!
    Dein Gefühl wird dir sagen, was du zu tun hast!


    Schreibe einfach weiterhin hier ins Forum, es hilft Gedanken loszuwerden!
    Ich bin in Gedanken bei dir und deinem Freund! Ich wünsche euch viel Kraft!
    :kerze-viel-kraft_01:


    Stille Grüße


    Vanessa

  • Hallo Vanessa,


    erst ein mal vielen Dank für deine lieben Worte.


    Über die Krankheit habe ich mich schon informiert, und leider steht da nicht viel was einen tatsächlich noch Hoffen lässt.
    Ich habe es meinen Freund noch nicht gesagt, und ich werde es auch nicht tun.
    Ich denke es ist besser ihn "sanft" darauf vor zu bereiten und nicht mit knallharten Fakten um die Ecke kommen :(
    Er ist sehr sensibel.


    Aber die Idee mich darauf vorzubereiten ist gut und das werde ich beginnen.



    Ich befürchte ich war gestern etwas grob zu Ihm :cursing:
    Leider wissen wir noch nichts neues von seinem Vater.
    Ich habe zu meinem Freund gesagt das wir auf jeden fall am Samstag seinen Vater im Krankenhaus besuchen
    sollten, er wollte nicht "ich kann doch eh nichts ändern an der Sache"
    Es ist inzwischen für Ihn nur noch "Die Sache".
    Ich weiß sehr wohl was hinter dieser Aussage steht: Angst.


    Ich war da etwas unnachgiebig, und ihn davon überzeugt das wir wenigstens für ein paar Stunden fahren, und wenn es bedeutet das wir 5h im Autositzen
    für 2h Krankenhausaufenthalt, dann ist das so.
    Zu sehr befürchte ich das er sich es nicht verziehen würde, wenn etwas passiert, nicht die Chancen genutzt zu haben.
    Und er neigt sehr stark zu solche Gedankengänge, und gibt es auch offen zu.
    Vor 1Monat ist sein geliebter Opa verstorben, und da habe ich es schon gesehen.


    War es falsch ihn (lieb gemeint) dazu zu "zwingen" seinen Vater und seine Mutter zu besuchen, die sich über den Besuch Ihres einzigen Sohnes freuen
    und man nicht wirklich weiß wie oft man sich noch sieht?
    Sollte ich mich in der Hinsicht lieber mehr zurück halten ?


    Wir wollen nachher noch ein paar "Mitbringsel" shoppen gehen, darauf freut er sich riesig,
    ich denke halt einfach das der Gang in sich sehr schwer für Ihn ist und hoffe das er
    weiß das mein liebgemeinter schuppser ihm nur verdeutlicht das ich mit ihm diesen Weg gehe und
    er nicht alleine damit ist.


    LG
    Sely

  • Liebe Sely,


    es ist schwer jemand in seiner Angst zu Begleiten und immer die richtigen Worte zu finden. Aber gib nicht auf mit Deinem Freund zu reden, sanft aber bestimmt.
    Was ist so schlimm daran sich mit einer aktuell vorhandenen Krankheit zu beschäftigen? Ja, ich weis nicht jeder kann mit so einer Situation umgehen aber es ist notwendig.


    Als mein Mann bei seiner Embolie fast schon gestorben war und dies auch noch nicht auszuschließen war (Nacht) hat der Oberarzt meinem Sohn ohne viel Rücksicht die Daten, Fakten und Zukunftsaussichten gezeigt (Aufnahmen) und benannt. Das war sehr hart für ihn und er hat es auch nicht so gern hören wollen, aber ich war froh nicht auch noch diese Aufgabe übernehmen zu müssen. Das hätte mich in diesem Moment wohl überfordert den ich hatte ja auch mit meinen Ängsten zu tun und konnte die Situation nur schwer aushalten.


    Vielleicht würde Deinem Freund auch ein klärendes Arztgespräch helfen die Dinge so zu sehen wie sie nun einmal sind. Weh tun wird es auf jeden Fall, aber du kannst das nicht verhindern und das ist auch nicht deine Aufgabe. Sei einfach nur an seiner Seite wenn er jemand zum Reden braucht und Trost.
    Jedoch vor dem Leben selbst, egal wie grausam es gerade ist kann uns niemand beschützen!


    Ich wünsche dir viel, viel Kraft für die kommenden Tage und Wochen.


    Mitfühlende Grüße!

  • Hallo Sely,


    Ich denke nicht, dass es falsch war ihn "zu zwingen" seinen Vater zu besuchen.
    Es ist klar, dass die Angst aus ihm gesprochen hat, aber du hast recht, wenn er es nicht machen würde, würde er es bereuen.
    Für ihn ist es auch noch mal umso schlimmer, da er ein Einzelkind ist. Das ist mein Mann auch.
    Er hat nun auch Angst die komplette Verantwortung für seine Mutter zu übernehmen.
    Mein Mann macht dies gerade mit seinem Vater durch und das ist wirklich nicht einfach, die beiden stehen sich gegenseitig im Weg.


    Du bist für deinen Freund da und das ist alles was zählt!
    Für ihn ist die Entfernung auch noch ein harter Brocken der oben drauf kommt.
    Er soll natürlich für seine Familie da sein, gar keine Frage. Aber er muss auch an sich denken, was ihm gut tut und nicht nur Rücksicht nehmen, das ist wichtig.
    Der größter Fehler den er machen kann ist der, sich nur noch Gedanken um seine Mutter zu machen und wie es ihr geht und wie es mit ihr weiter geht, wenn das unvermeidbare eingetroffen ist.
    Mein Mann macht diesen Fehler und es nagt ganz schön an ihm und somit auch an mir. Wir Frauen sind jedoch ziemlich stark und robust was das angeht.
    Es gibt einen schönen Spruch, den ich mal gelesen habe der ganz gut zu unserer Situation passt:
    Du merkst erst wie es ist stark zu sein, wenn stark sein die einzige Option ist.


    Und du bist stark! Und du wirst auch noch viel länger stark sein, glaub mir!


    Auch mir gehen manchmal die Nerven durch und dann bin ich möglicherweise etwas unsensibel meinem Mann gegenüber. Aber wenn wir dann noch einmal in ruhe darüber reden, versteht er warum ich so reagiert habe.


    Und das ist das wichtigste: redet!


    Habt ihr seinen Vater besucht?
    Wie war es? Wie erging es deinem Freund? Wie geht es der Mutter?
    Tu dir selber den Gefallen und schreibe! Lass es von deiner Seele und deinem Herzen! Es erleichtert. Glaube mir!
    Ich habe immer das Gefühl, wenn ich etwas, was mich belastet hat, aufgeschrieben habe, dann muss ich ja erst einmal nicht mehr drüber nachdenken. Ich kann es für einen Augenblick vergessen. Da es ja "zu Papier" gebracht wurde, ist es nicht verschwunden. Und das entlastet mich ungemein.


    Ich wünsche Dir und deinem Freund ganz viel Kraft!!!

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