Meine Mama ist gestorben.

Meine Mama ist Anfang November gestorben.
Im September ist sie morgens aufgewacht und war gelähmt. Im Krankenhaus wurde sie am Rücken operiert, und es wurde Krebs festgestellt. Dieser sei nicht heilbar, aber man könnte ihn stoppen.
die OP war erfolgreich, und sie kam zur Bestrahlung. Chemo war geplant. Ich war dann zwei Wochen nicht zu Besuch, weil ich so weit weg wohne.
Nach all diesen hoffnungsvollen News ging es dann plötzlich bergab. Sie war wieder gelähmt, der Krebs war nachgewachsen. ich habe mit ihr versucht dann jeden abend zu telefonieren, aber meist war das handy ausgestellt. eine woche vor ihrem Tod bin ich dann zu Besuch gekommen, aber nicht mit dem Gedanken dass sie sterben wird, davon war keine Rede. Dort angekommen habe ich sie kaum wiedererkannt, völlig abgemagert, und nur geschlafen. Dazu ist mir aufgefallen dass etwas mit ihrem Auge nicht stimmte, was aber den Äzrzten nicht aufgefallen war (obwohl klar ersichtlich).
Sie bekam dann noch eine Spritze Chemo, aber nach zwei Tagen hat mich die Ärztin zur Seite genommen und mir gesagt dass es wohl keine Sinn mehr macht.
Von da ab hab ich meine Mama quasi sterben sehen, und ich stand davor und konnte nichts tun.
Sie war die Wochen vorher so traurig dass sie nicht mehr laufen konnte, lag zwei monate nur auf dem Rücken, war zum Schluss total durchgelegen weil man im KRankenhaus nicht aufgepasst hatte, und die letzten Tage hat sie noch so viel geweint.
Ich bekomme einfach die Bilder nicht mehr aus meinem Kopf. Zwei Tage vorher hat man sie noch so gequält, Kontrastmittel gespritzt (der KRebs war auch in ihrem Kopf gewachsen), und ich hab solche Schuldgefühle dass ich der Ärztin nicht einfach die Spritze aus derHand geschlagen habe.
Am Tag vor ihrem Tod hat sie mich angefleht ihr zu helfen, völlig verzweifelt, und sie sagt mir dass sie solche Angst hat, sie war so traurig und es war ihr wohl klar dass sie sterben würde. Sie hat das immer wieder wiederholt, dass ich ihr helfen soll, dass sie nicht mehr kann, hat meinen Namen gerufen, und ich konnte nichts tun.
dann wurde das Morphin angestellt, und es war, als ob man einfach einen Menschen ausschaltet. ich habe die letzte Nacht neben ihr im Krankenhaus verbracht, hab ihr vorgesungen, hab ihre hand gehalten.
am nächsten tag war ich kurz weg mit meinem vater, und da ist sie dann gestorben.
ihr gesicht war so verzerrt, so voller schmerz, trauer.
ich komme über all diese grausamkeit nicht weg, über das leid, über die bilder von ihrem geschundenen körper.
neben der trauer ist da so viel schrecken, schock.
ich weiss momentan überhaupt nicht wie ich darüber hinwegkommen soll. ich weine jede nacht, tagsüber gehe ich zur arbeit und funktioniere.
jetzt kommt weihnachten. und ich freue mich nach hause zu kommen und mit meiner familie zu feiern. weil ich es noch nicht begreifen kann dass ein teil der familie nicht mehr da ist.
ich vermisse sie so sehr.

vielen dank für eure antworten.

ich weiss damit momentan überhaupt nicht umzugehen. ich komme aus dem büro raus, und schon laufen die tränen, und laufen eigentlich durch bis ich abends einschlafe.
ich kann dieses gefühl überhaupt nicht beschreiben. wir haben uns recht selten gesehen, aber immer regelmäßig telefoniert. ich bin fast 40, aber momentan fühle mich mich wie 4 oder 5, wie so ein kleines mädchen dass sich am liebsten wieder in mamas rockzipfel verstecken würde. ich kann es gar nicht begreifen was da passiert ist.

meine mama hat ihre eltern vor knapp 10/12 jahren beerdigt, die waren beide weit über 90 und sind eines ganz natürlichen todes gestorben. und so war das eigentlich auch "geplant" , dass meine mama ganz alt wird, sie hat immer gesund gelebt etc und war auch total fit. und jetzt ist sie so früh gegangen.
Im Juli war ich noch zu Besuch. da wusste man noch nichts, man hat nichts bemerkt, ich hab dann da schon urlaub eingereicht für weihnachten, weil ich das immer daheim verbringe. und jetzt ist sie nicht mehr da.

vielleicht würde ich mich anders fühlen, wenn sie auch 90 gewesen wäre, friedlich eingeschlafen wäre, mit sich im reinen und in frieden. jeder muss ja sterben.
aber ich sehe sie da noch so vor mir. völlig verschreckt was da mit ihr und ihrem körper passiert, sie hat mich immer gefragt dass wenn sie wieder aus dem krankenhaus kommt, das wir dann dies und das machen, und dass sie gerne reha machen möchte etc, wenn sie wieder laufen kann, und dann hat sie mich immer angeschaut, ganz hilflos, und dann haben wir beide geweint, weil wir beide wussten dass es schlecht steht, und dass sie nie weider laufen kann, und zum schluss dann die gewissheit, dass sie wohl sterben wird, aber keiner sich getraut hat drüber zu sprechen. ich hätte ihr so gerne das leid abgenommen, wie sie da gelegen ist, und dabei war ihr großes hobby das tanzen und laufen. und man kann nicht helfen.
dieser tod war so furchtbar. ich kann diese wucht mit der das alles passiert ist einfach nicht verarbeiten. diese grausamkeit, diese ungerechtigkeit, dieses sinnlose leid.

meinem vater geht es auch nicht sonderlich gut (herzprobleme), meine mutter war immer der starke part, es war eigentlich klar dass mein vater irgendwann zuerst geht. jetzt habe ich angst dass er auch bald sterben wird, und bin traurig dass er jetzt ganz alleine daheim ist.
es ist alles so schlimm.
ich hab wirklcih angst davor ihn dann auch noch zu verlieren. dann wäre ich quasi ganz allein auf der welt, ich habe keine geschwister. wie macht man das alleine, das leben? ich weiss es nicht.
ich habe einen freund, es ist aber keine beziehung wo ich mich mal an eine starke schulter lehnen kann, sonder auch immer eigentlich alles alleine mache.

ich habe bei uns im ort auch schon einen psychologen angerufen, der nächste freie termin wäre im juli...

wie ich die feiertage rumkriege...keine ahnung. mein vater feiert woanders, er wollte am 24. auch nicht daheim sein. dann bin ich dort eine woche zu besuch, und überall wird sie fehlen.

ich versteh das alles nicht. alles was ich ja will ist nur meine mama nochmal in den arm nehmen.
eine beerdigung gab es auch nicht, es gibt kein grab wo ich hingehen kann. nichts. sie ist einfach so weg.

traurige grüße
anne

Liebe Anne,
ich möchte dir hiermit auch mein tiefes Mitgefühl ausdrücken und dir viel Kraft wünschen. Ich kann mich Anneliese nur anschließen , vielleicht gibt es dir ein bisschen Trost wenn du weißt das deine Mama nun nicht mehr leiden muss.
Ich selber kann dir garnicht sagen wie man mit dem Verlust umgehen soll, da ich selber eine ganz schlimme Trauer empfinde und auch nicht weiß wie ich das verkraften soll und kann.
Versuch heraus zu finden was dir hilft und gut tut.
Warum gab es denn keine Beerdigung?
Fühl dich gedrückt.

Traurige und stille Grüße
Engels - Mama

es gab keine beerdigung weil meine mutter verbrannt wurde und die urne wurde in die ostsee gebracht. die eltern meiner mutter liegen auch dort. sie ist dort aufgewachsen.
wir wohnen in süddeutschland, und mein vater hat das abgeschlossen beim bestatter ohne den teil mitzubuchen wo man mit auf das boot kann. er wollte das nicht.
ich finde das auf der einen seite wahnsinnig enttäuschend, aber auf der andere seite....sie ist im november gestorben, wo es kalt und regnerisch dort oben ist, und ich glaube ich hätte das nicht übers herz gebracht das zu sehen, dass die urne meiner mutter ins kalte dunkle wasser geworfen wird. auf der einen seite wäre es noch die möglichkeit gewesen sich noch einmal zu verabschieden, auf der anderen seite, wie gesagt, möchte keiner seine mutter ins dunkle wasser werfen.
irgendwie stimmt mich das ganze auch traurig, weil man sich natürlich fragt wie das verhältnis meiner eltern zueinander war, wenn meine mutter es vorgezogen hat, bei ihren eltern begraben zu werden. ich denke meine mutter und ich waren uns sehr ähnlich, und ich kann mir nur vorstellen, wie es für sie war als sie erfahren hatte dass ihre mutter gestorben ist, da sie diese auch nur sehr selten gesehen hat. leider hat sich bei uns diese geschichte wiederholt.
irgendwie könnte es doch so einfach sein, und trotzdem liegen da in der vergangenheit soviele ungesprochene worte, oder worte die man lieber nicht gesagt hätte, erwartungen die man nicht erfüllt hat etc, die jetzt alle so aufbrechen, besonders die weihnachtsstimmung macht es so schwierig, weil es ja das fest der familie ist.

ich versuche mir auch dauernd zu sagen dass es besser ist da sie keine schmerzen mehr hat. auf der anderen seite ist man ja nie von dieser situation ausgegangen da es von anfang an hiess man kann es stoppen. wäre nicht alles nachgewachsen, dann hätte sie ja wieder laufen können, dann wären die rückenschmerzen nicht gewesen etc etc.
meine mutter hatte ein multiples myelom, ein krebs der anscheinend von 100.000 leuten 4 befällt. normalerweise frisst dieser krebs die knochen an, sie hatte eine version, bei der der krebs zusätzlich quasi aus dem knochen herauswuchs, darunter auch ins rückenmark und zum schluss auch im kopf. also nochmal eine seltenheit der seltenheit.
da fragt mich sich natürlich warum. und wenn es schon krebs, warum dann nicht wenigstens eine art die man noch heilen kann, oder die sie noch ein paar jahre hätte leben lassen.
aber nicht zwei monate.

aber ich denke die "warum" frage stellt sich wahrscheinlich jeder der eine Person verliert