Hallo ihr Lieben,
ich hoffe sehr, dass ihr mir helfen könnt. Mein Freund hat vor 8 Monaten sehr überraschend seine Mutter verloren. Wir sind beide Mitte 20, seine Mutter war auch erst Mitte 50. Ganz schlimm. Für uns alle war das ein schlimmer Verlust, aber er scheint gar nicht mehr aus seiner Trauer herauszukommen. Er schläft den Großteil des Tages, tut gut gelaunt, aber man merkt, dass er nicht mehr er selbst ist. Er scheint auch jede Hoffnung verloren zu haben, dass es ihm irgendwann wieder besser gehen wird. Ich kämpfe seit 8 Monaten, muntere ihn auf, kümmere mich um Geld und alles andere... Aber ich habe das Gefühl, er weiß das alles nicht zu schätzen, ganz im Gegenteil. Ich weiß langsam nicht mehr, was ich noch machen kann. Oft sagt er, es wird alles wieder gut werden - für mich. Aber eben nicht für ihn. Zum Psychologen geht er seit 6 Wochen, er hasst es und tut es nur für mich, er glaubt nicht, dass es ihm helfen wird... Ich bin verzweifelt und kraftlos. Ich liebe ihn! Aber er ist die meiste Zeit nicht mehr er selbst und auch ich verliere langsam die Hoffnung. Ein guter Rat wäre wunderbar!
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hallo Minkie
für mich hört sich das nach einer Depression an, es gibt Trauertherapeuten vielleicht ist das eine Option für ihn.
Ansonsten ist es sehr schwer da etwas zu sagen, Trauer ist ja für jeden von uns unterschiedlich. Ich habe meine Ma auch verloren und weiß in etwa was er da durchmacht.
Du kannst ihm aber am Meisten helfen indem du ihm zeigst das du da bist, und das er seine Trauer bei dir nicht zu verstecken braucht.
Hoffe ich konnte dir etwas helfen.Heidi
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Hallo Minkie,
vielleicht wird Dir meine Antwort nicht gefallen, aber ich muss in paar Punkten vielleicht in deinen Augen ungerecht werden. Wie Du schreibst, es sind erst 8 Monate her, als dein Freund seine Mutter überraschend verloren hat, ich schreibe bewusst, erst 8 Monaten, denn nach so kurzer Zeit kannst Du nicht erwarten, dass sein Leben in "normalen" Bahnen verläuft.Nicht um sonst redet man von den ersten schlimmen Trauerjahr, in den man alles das erste Mal ohne den geliebten Menschen erlebt, den man verloren hat. Da kommen die Weihnachten, Geburtstage und dann das erste Jahressterbetag. Es sind Tage die besonders schmerzen und vor den manche Menschen sehr viel Angst haben.......
Wie merkst Du, dass er nicht mehr er selbst ist? Nach einem Verlust, egal wie Du es Dir auch wünscht, wird es nicht mehr so sein, wie vor dem Verlust. Es ist eine Lebenserfahrung die einen Menschen verändert und alles braucht seine Zeit, vor allem die Trauer. Man kann sich den Verlust seiner Mutter vorstellen, aber in realen Moment ist der Schmerz viel größer und nicht vorstellbar.
Wenn er den größten Teil des Tages schläft, geht er keiner Beschäftigung nach? Vielleicht ein geregelter, strukturierter Tagesablauf würde ihm bisschen auf die Beine helfen. Wie wäre es, wenn Du Frühstück machst und ihr gemeinsam frühstückt usw.
Wirklich aufmuntern einen Menschen, der Schmerz der Trauer spürt ist nicht möglich, eher wichtiger wäre es über den Schmerz und Verlust zu reden, auch wenn es immer wieder das gleiche scheint, so ist es wichtig auch zuzuhören. Gemeinsam zum Grab gehen und einfach in den Arm nehmen. Zeigen, Du muss nicht gut gelaunt für mich sein, Du kannst auch "Schwäche" zeigen, was bei sehr vielen männlichen Trauernden sehr schwer ist, weil sie von Haus aus so erzogen worden sind Stärke zu zeigen.
Zu Thema Psychologen, wenn er es hasst, er es nicht mag, warum soll er dann auch da hin? Du schreibst wegen Dir, aber das ist der falsche Ansatz, er muss merken, dass er für sich Hilfe braucht, erst dann wird es ihn vielleicht helfen. Gegen seinen Willen und wenn er nicht dran glaubt, wird es ihn wenig nutzen. Vielleicht sollte er sich Menschen suchen, die "gleiches" Schicksal erlebt haben mit den er sich austauschen kann und über seine Gefühle reden / schreiben kann. Es ist immer leichter, weil man seine engste Freunde / Familie nicht damit belasten möchte und irgendwann versucht ihnen das vorzuleben, was die Gesellschaft erwartet, dass es wieder alles in Ordnung ist. Verständnis für Trauer die über eine gewisse Zeit geht, gibt es in unser Leistungsgesellschaft nicht, sonst würde es nicht diverse Selbsthilfeseiten, Trauerforum, Gedenkseiten geben.
Du möchtest paar Tipps gerne haben:
Rede mit ihm über seinen Schmerz, seinen Verlust, seine Ängste und Sorgen.
Gebe ihn keine Ratschläge, was er tun sollte, sondern sei eine gute Zuhörerin und mache ihn Vorschläge, wie ihr gemeinsam durch diese Zeit gehen könntet.
Setzte ihm kein Ultimatum, dass geht immer schief, denn auf Dauer wird er den Druck nicht aushalten.
Hole Du auch Dir Hilfe, bei Facharzt oder Psychologen.
Spreche das Thema, "Trauma" und "Depression" an, informiere Dich aber drüber vorher. Auch plötzlicher unerwarteter Verlust einer Mutter kann nicht nur eine Depression sondern auch ein Trauma auslösen.
Lasse ihm Luft und Zeit für seine Trauer. Das sind so meine persönliche Gedanken und Worte die ich an Dich richten möchte.Ich wünsche Euch beiden viel Glück und vor allen viel Kraft für den schweren Weg, der vor Euch liegt.
Marek Jan -
Liebe Minkie,
ich möchte mich den Worten von Marek Jan anschliessen, er hat es sehr gut beschrieben... trotzdem kann man es sich nicht vorstellen, wenn man es nicht selbst an der eigenen Seele erlebt hat.
Lass' Deinem Freund die Zeit, die er braucht, das können unter Umständen auch JAHRE sein!
Ich habe mit 15 Jahren auch meine Mutter plötzlich und überraschend durch einen Unfall verloren, ebenso ist mein Mann plötzlich und überraschend verstorben.Ich kann Dir versichern, daß 8 Monate GAR NICHTS sind, sie sind ein Wimpernschlag.
Nach 8 Monaten war ich sowohl nach dem Tod meiner Mutter als auch nach dem Tod meines Mannes immernoch im Schockzustand, und konnte noch gar nicht WIRKLICH realisieren, dass sie tot sind...
Sicherlich KANN man ggfs. auch nach 8 Monaten im Alltag wieder halbwegs "funktionieren", aber es wird für gewöhnlich auch eher nur ein Funktionieren sein... mehr darfst Du nach so kurzer Zeit wirklich nicht erwarten.
Oftmals haben Menschen, die einen nahestehenden Menschen plötzlich verlieren, nach 8 Monaten noch nicht mal wirklich damit begonnen, die Trauer zu verarbeiten... also von "aus der Trauer rauskommen", kannst Du vielleicht (vielleicht) in einigen JAHREN mal sprechen... wenn der Schock verarbeitet wurde und die Trauer ein kleines Stückchen beiseite rückt, um das Leben wieder lebbar(er) zu machen...
So wie es vorher war, wird es nie wieder sein... nie wieder! Kann ja auch gar nicht...
Schau', mein Mann ist "bereits" vor 2 Jahren und 9 Monaten verstorben, und ich bin immer noch mitten in der Trauer drin... ich lebe, ja... ich versuche, das Beste aus meinem Leben zu machen und ihm irgendwo noch einen Sinn zu geben, aber ich denke IMMER an meinen Mann, ständig und weine jeden Tag in meinem Leben um ihn... und ich habe IMMER eine Kerze für ihn angezündet.
Und das finde ich auch vollkommen "normal", ich sehe da keinen Anlass, einen Psychologen aufzusuchen oder eine Therapie zu machen, und kann gut verstehen, dass Dein Freund da einen Widerwillen hat.Wir sind NICHT KRANK, wir sind Hinterbliebene, die einen schweren Verlust zu verzeichnen und zu überwinden haben! Was soll ein Therapeut helfen? Er bringt ihm seine Mutter nicht zurück...
Gib' ihm Zeit, was das Trauern anbetrifft...
Ich hoffe, ich konnte Dir mit meinem Beitrag "die trauernde Seite" aufzeigen, damit Du sie besser verstehen kannst...
Lieben Gruss,
Kleiner Liebling
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Vielen Dank für eure Nachrichten!
Ich glaube aber, ich habe mich vielleicht ungünstig ausgedrückt. Ich habe selbst schon Erfahrungen mit Trauer gemacht, ich weiß, dass das Trauern normal ist. Ich gebe ihm alle Zeit der Welt zu trauern, ich bin immer für ihn da. Aber er schafft es eben nicht, neben seiner völlig verständlichen Trauer zu funktionieren. Und der finanzielle Druck auf uns wird dadurch immer größer. Er ist selbstständig und wir haben bereits Schulden. Unsere Möglichkeiten sind ausgereizt. Natürlich würde ich mir wünschen, dass er sich zumindest Teilzeit in die Arbeit stürzt, aber er ist sehr antriebslos.Ich finde die Idee, dass man "krank" sein muss, um vom Psychologen profitieren zu können, sehr gewagt und sehr deutsch. Gerade starken Menschen, die ihrem Umfeld ihre "Schwäche" nicht zeigen möchten, kann ein Psychologe als Ansprechpartner meiner Meinung nach sehr helfen. Natürlich bringt der Psychologe nichts, wenn man nicht an seine Sinnhaftigkeit glaubt, und genau das ist ja auch Teil meines Problems.
Manchmal habe ich Angst, dass er sich umbringen wird. Es geht mir also nicht darum, wieder ein sorgenfreies Leben zu haben, sondern ich habe in vielerlei Hinsicht Existenzängste.
Und er will immer nur mit mir seine Freizeit genießen, er will nicht mehr reden über seinen Schmerz, über Geld oder über sonstige Probleme. Was soll ich tun?
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Spreche es deutlich an. Sage ihm deine Ängste, deine Sorgen und Nöte die Du um ihm hast, vielleicht kommst Du so an ihn wieder ran??
Man kann nur einen Menschen helfen, wenn er es einsieht, dass er Hilfe braucht...
Flucht und nicht verarbeiten wird ihn nicht weiter bringen... -
Ich kenne diese Trauergefühle nur allzu gut.
Alles im Leben braucht seine Zeit. Wenn ein geliebter Mensch nicht mehr vorhanden ist, wird alles Materielle auf dieser Erde so wertlos. Der Tod ist etwas endgültiges. Geld kann man wieder verdienen. Aber die Mutter Deines Freundes wird nie wieder auf dieser Erde existent sein.Ich kenne den Bereich Eurer Selbstständigkeit nicht. Vielleicht müsst Ihr Euch zwangsläufig beruflich ändern. Wir Menschen sind keine Maschinen. Wenn Dein Freund es zur Zeit nicht schafft, musst Du finanziell für ihn mitdenken. Ihn zu etwas zu treiben, würde meiner Meinung nach nichts bringen. Denn seine Trauer scheint derzeit noch endlos zu sein.
Den Psychologen würde ich weglassen, solange die Trauerarbeit bei Deinem Freund noch nicht abgeschlossen ist. Er ist noch mitten in der Trauerphase.Man muss sich in den anderen hinein versetzen, um zu verstehen: Da stirbt ein geliebter Mensch und ein Fremder mit einer vermeintlichen Qualifikation sagt Dir, dass du nun aufhören musst zu trauern, weil Geld ran muss. >>> Das funktioniert nicht. Liebe und Materielles lässt sich nicht in einen Topf werfen. Die Liebe zu seiner Mutter ist im Moment stärker als die Angst um das tägliche Materielle. Das versteht nur einer, der liebt.
Liebe macht die Größe des Menschen aus. -
Vielen Dank noch einmal für eure Ratschläge, eure Antworten bedeuten mir sehr viel.
Das sind alles wunderschöne und sicherlich auch wahre Worte. Es geht mir aber nicht darum, dass ich kein Verständnis habe, sondern darum, dass wir finanziell am Limit sind. Ich bin in einem großen Betrieb angestellt und erhalte ein Festgehalt. Weiter aufstocken kann ich nicht. Mein Freund ist Künstler und hat immer gut verdient, aber das ist im Moment durch seine Antriebslosigkeit natürlich anders. Aber Essen, Miete, Versicherungen etc. müssen nun mal bezahlt werden.
Ihr könnt mir glauben, dass ich rechnen kann ;-). Und ich würde euch nicht fragen, wenn es noch Möglichkeiten gäbe, unsere Kosten zu reduzieren oder meinen Verdienst zu steigern. Von unseren Familien haben wir alle Leihsummen erhalten, die verfügbar waren.
Klar würde ich meinem Freund gern alle Zeit der Welt geben, aber wie?
Ich bin mir der Bedeutung und Schwere seiner Trauer bewusst, aber was soll ich machen? Geld ist nicht wichtig für mich, auch wenn einige von euch das offenbar anders verstehen möchten, mir geht es darum, dass wir bald vor dem absoluten Nichts stehen könnten, falls es so weiter geht.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es meinem Freund besser gehen wird, wenn wir noch tiefer in die Schulden rutschen, ihn belastet die Situation ja so schon sehr, weil er immer ein "Macher" war und es kaum erträgt, dass er das jetzt nicht mehr zu sein scheint.
Jan Maren, vielen Dank für deine Tipps! Genau nach solchen Tipps suche ich! Leider fällt das Frühstück jedoch flach, ich arbeite meist bereits sehr früh und mein Freund ist früher schon ein Morgenmuffel gewesen, mittlerweile kriegt man ihn gar nicht mehr wach, denn eigentlich will er die meiste Zeit des Tages nur noch schlafen...
Aber vielleicht könnte ich noch einmal über seine Arbeitszeiten mit ihm reden, denn ich denke auch, dass es ihm helfen würde, wenn er wieder Ziele vor Augen hätte.
Es ist so schlimm für mich, dass ich nicht weiterkomme und das Gefühl habe, dass unsere Situation immer verfahrener wird.
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Das ist die Hilflosigkeit, denn Du kannst die Zeit nicht zurückdrehen und es ungeschehen machen.
Die Frage die sich stellt, ist es wirklich nur Trauer oder ist er in eine tiefe Depression gerutscht, aus der er alleine nicht mehr rauskommt.
Wenn er den ganzen Tag verschläft, was macht er den Nachts? Er kann ja nicht rund um die Uhr schlafen..... -
Entschuldige bitte, dass mein Handy und ich deinen Namen so verunstaltet haben, Marek Jan!
Manchmal verschläft er die Tage und die Nächte, keine Ahnung, wie er das schafft. Dann wieder schläft er nächtelang nicht, arbeitet ziemlich ineffektiv, grübelt...
Irgendwie hoffe ich immer, dass ich DIE Lösung finde für unsere Probleme...
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In einer Beziehung gehören zwei die an Lösungen arbeiten, auch in schweren Zeiten und da sind offene Gespräche nötig, vielleicht auch bei einen Paartherapeuten kann man nach Lösungswegen suchen...
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Ich würde mich freuen, wenn Du ab und zu schreibst, wie es Dir / Euch geht.....
Liebe Grüße
Marek Jan -
Hallo Minkie,
also ich kann nur aus meiner eigenen Erfahrung sprechen.
Bei mir gab es lange Phasen, die sich ähnlich gestaltet haben wie bei deinem Freund. So sehr ich auch wollte, ich konnte nicht. Ich war gelähmt, ohnmächtig. Der Druck von außen war groß, Schule, Beruf, Eltern, Freunde…. Das hat mir am meisten Probleme bereitet, da ich mich selbst den ganzen Tag fertig gemacht habe, weil ich‘s nicht hinkriege so wie die anderen. Mein geistiger Zustand war oft tranceähnlich, ich habe mich ausgeklinkt, mein Körper war zu schwer und kraftlos, so dass ich einfach sitzen geblieben bin und mich irgendwo verloren habe.
Mein Weg da hinaus war, aufzuhören bestehen zu wollen, bewusst Pause zu machen, egal was alle gesagt haben. Auf mich zu schauen und das zu tun, was MIR jetzt gut tut und nicht dem Rest der Welt. Das hat lang gedauert, ich war noch sehr jung, aber ich habe damals am Existenzminimum gelebt, habe aber nichts vermisst. Selbst da geht es einem finanziell noch gut. Man hat ein Dach über dem Kopf und man verhungert nicht. Wenn man spart, kann man sogar mal wegfahren. Ich hatte auch ein Auto!
Ich kann dich sehr gut verstehen, wie sich das für dich als Außenstehende anfühlt. Du bist hilflos, willst es am liebsten mit aller Kraft stämmen, aber das funktioniert eben nicht wenn man das allein macht. Außerdem geht es dir ja auch an den Kragen. Ich weiß ja nicht wie euer Lebensstandard ist, wenn du eigentlich voll arbeitest und ihr trotzdem Schulden macht. Aber ich kann verstehen, dass es furchtbar sein muss, sich etwas erarbeitet zu haben das dann einfach vom Schicksal zerstört wird und alles zusammenbricht.
Mein Tipp, lass los, erwarte von ihm nichts (denn jemand der so am Boden ist, kann einfach nicht, zumindest für den Moment), sorge für dich, denn einer muss ja stark sein. Versuche vielleicht auch euer Leben so umzukrämpeln, dass ihr vielleicht mit einem Gehalt + sozialer Hilfe über die Runden kommt. Ich weiß, man will seine Standards nicht aufgeben und glaubt anders nicht leben zu können, aber das stimmt nicht. Es geht immer irgendwie und das wichtigste ist, das ihr euch habt und es gemeinsam da durch schafft.
Ich glaube wenn der Druck mal weg ist und ihr euch in einer anderen Form wiederfindet, er spürt, dass es in Ordnung ist wie es ist, dann denke ich, kann er auch wieder zurückfinden in eure Beziehung und sein Leben. -
Und wie geht es deinen Lebensgefährten heute? Habt Ihr eine Lösung gefunden?
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